Ich stehe vor dem Spiegel und es ist wie an jedem Silvesterabend der Moment gekommen, der mir unverblümt klar macht, dass sich die Weihnachtsfeiertage in Form von Bauchfett für die nächsten Monate verewigt haben. Der Knopf an meinem Smoking, den ich heute Abend tragen werde, wird sein passendes Knopfloch auch bei diesem Jahreswechsel nicht zu sehen bekommen. Und schon beginnt mein Gehirn damit, die berühmten „guten Vorsätze“ für das neue Jahr zu formulieren: Weniger Essen, mehr Sport. Weniger Fett, mehr Gemüse. Wer kennt sie nicht, die Klassiker unter den Vorsätzen. Dabei liegt es auf der Hand, dass die guten Vorsätze meist nur eine kurze Zeit andauern. Und so ignoriere ich mein schlechtes Gewissen, stopfe mir zwei Weihnachtsplätzchen in den Mund und beginne andere Strategie für das neue Jahr zu fahren: Die „Zwanzig Zwanzig Liste“

Eine Art „To Do Liste“ mit dem Vorteil, dass die einzelnen Punkte darauf über das Jahr abgearbeitet werden und somit abgehakt sind. Gute Vorsätze sind mir zu zeitaufwendig und bedürfen guter Ausdauer.

Meine Liste wird passend zum Jahr 2020 mit der Zahl zwanzig zu tun haben. Zum Beispiel werde ich im neuen Jahr zwanzig Personen umarmen, die ich eigentlich lieber auf den, als in den Arm nehmen würde. Ich werde mir jede Woche zwanzig Minuten Zeit für mich selbst nehmen, sei es mit Sport, Meditation oder anderen Dingen, wie ein heißes Bad. Ich werde zwanzig handgeschriebene Briefe an Freunde oder Verwandte schreiben und dieses Mal auch abschicken. Ich werde mich von zwanzig unnützen und materiellen Dingen trennen, außer meiner geliebten Kabelkiste natürlich. Ich werde zwanzig neue Länder und Kulturen für mich entdecken, sei es in Form von Reisen oder einfach nur durch Dokumentationen und Bücher. Ich werde zwanzig Kleidungsstücke an Menschen verschenken, die sie wirklich brauchen und sich darüber freuen. Ich werde zwanzig Tage am Stück auf Fleisch und Wurst verzichten und meine Veränderungen dabei beobachten. Ich werde zwanzigmal das Auto stehen zu lassen und auf alternative Verkehrsmittel Liste auszuweichen. Ich merke wie meine Liste immer länger wird. Viele Dinge darauf sollten eigentlich selbstverständlich sein. Jedoch wird mir damit bewusst, dass wir das in unserem alljährlichen Alltagstrott vergessen. Und so stehe ich in meinem enganliegenden Smoking an diesem Silvesterabend draußen. Es ist fünf Minuten vor Zwölf und die ersten Raketen steigen in die Luft. Ein Schwarm von Wildvögeln flüchtet vor dem immer lauter werdenden Silvestergrollen. Es ist kühl, aber nicht kalt. Nirgends liegt Schnee. Der Nebel vermischt sich mit dem Rauch der Feuerwerkskörper. Und ich beschließe für mich, mich im neuen Jahr nicht vernebeln zu lassen und intensiver daran zu arbeiten, dass ich und meine Umwelt das Leben bewusster wahrnehmen. Daher freue ich mich, dass der Jahreswechsel uns Menschen dazu bewegt, genauer zu reflektieren und in die kommenden zwölf Monate zu blicken. Sei es mit guten Vorsätzen, einer Zwanzig-Zwanzig-Liste oder einfach nur mit mehr Aufmerksamkeit.