Wenn ich die Entwicklung der Fernkommunikation Zeit meines Lebens Revue passieren lasse, so habe ich so ziemlich viel durchgemacht. Vom kabelgebundenen Telefon, das bei uns immer im Flur stand,
über die knatternde ISDN Leitung, bei welcher man nur telefonieren konnte, wenn niemand im Internet war, bis hin zum Smartphone, das dank Anbietern wie WhatsApp vor allem zur schriftlichen
Kommunikation verwendet wird. Neuerding skypen und zoomen wir uns mit Videochat sogar durch die ganze Welt. Meine Generation hat diese Entwicklung recht gut angenommen und versteht die Risiken
und Nebenwirkungen von Social Media Anwendungen. Spannend wird es dann, wenn die Generation vor uns die digitale und moderne Welt nutzt. In meinem Fall ist es mein Papa und meine Schwiegermutter.
Auch wir haben Familien WhatsApp Gruppen, in welchen vor allem jetzt gerne Bilder vom Nachwuchs untereinander geteilt werden. Jedoch haben Schwiegermütterchen und Papa neuerdings die Möglichkeit
der Sprachnachricht entdeckt. Wo früher der Anrufbeantworter irgendwann voll war, gibt es heute die von der Länge scheinbar unbegrenzte Sprachnachricht. Und so bekomme ich gerne mal eine
mehrminütige Nachricht, in der nur Rauschen zu hören ist, da das ungesperrte Mobiltelefon in der Jackentasche weilt. Und da ich mir sicher sein kann, ob nicht doch noch etwas Wichtiges zu hören
ist, höre ich das Ganze bis zum Ende.
Nicht selten wird auch vergessen, die Sprachaufnahme zu stoppen und ich kann den mehr oder weniger spannenden Gesprächen meiner Eltern lauschen. Gelegentliche Gruppensprachanrufe sind keine
Seltenheit und werden von unserer Generation nicht mehr angenommen, da wir bereits wissen, dass das Schwiegermütterchen aus Versehen auf den Hörer gedrückt hat.
Aber das Wunderbare ist, dass sich die Rollenverteilung geändert hat und ich jetzt meinem Papa die Welt erklären darf, wenn auch nur die digitale. Wir beide sitzen vor dem Rechner und ich zeige ihm, wie er trotz Corona seinen Baumarkteinkauf dank „click & collect“ tätigen kann. Es ist enorm wichtig sie darauf vorzubereiten und ihnen zu helfen, denn auch Facebook und Instagram sind vor unseren Eltern nicht mehr sicher. Es wird fröhlich geteilt und kommentiert. Nicht nur süße Katzenvideos, sondern auch Memes. Kurze Mitteilungen und Sprüche, die Meinungen wiedergeben, die entweder lustig oder gesellschaftskritisch sind. Deshalb müssen wir, die Kinder der 90er, uns zur Aufgabe machen, unseren Eltern und Schwiegereltern den richtigen Umgang mit der digitalen Welt beizubringen. Denn diese haben uns viele Jahre den richtigen Umgang mit dem Leben beigebracht.
Immerhin sind vor einer Sache sicher: Das Posten von unseren eigenen Babyfotos, denn diese ruhen ganz analog in ihren Alben und Kisten. Zumindest bis jetzt.