Es ist Sommer im Jahre 3 n. C.* (*nach Corona) und ich gönne mir eine Kugel Erdbeereis im Zampolli. Ich bezahle mit zwanzig Blatt der neuen Währung. Nachdem der Euro und Europa die Krise nicht überstanden hatten, versuchte unsere Regierung die gute, alte D-Mark wieder einzuführen. Ohne Erfolg. Als einziges Zahlungsmittel etablierte sich das, wovon die meisten Deutschen massenweise verfügten. Klopapier. So kann man sich mit 2 Paletten des weißen Goldes bereits einen wasserstoffbetriebenen Kleinwagen kaufen. Dabei ist Klopapier nicht gleich Klopapier. Die unterschiedlichen Qualitätsstufen sind entscheidend. Eine Rolle einlagiges, graubraunes Schmirgelpapier, das jeder von uns von Jugendherbergsbesuchen oder aus der Schule kennt, reicht allenfalls für ein paar Dosenbier. Wohingegen das vierlagige, geprägte und gebleichte Luxusklopapier der Oberschicht vorbehalten ist. Mit fünf Rollen davon kann man sich bereits ein feines Abendessen im Sterne Restaurant gönnen. 

Kluge Menschen begannen bereits im Frühling 2020 vor der neuen Zeitrechnung damit, kiloweise Klopapier in ihrem zu Hause zu horten. Mein Freund David wurde damals schon, als er mit zwei Packungen Hakle extraweich zu seiner Wohnung lief, von Wildfremden mehrmals angesprochen, ob er nicht ein paar Rollen abgeben, ja sogar verkaufen würde. David, damals noch Bankkaufmann, erkannte schnell, wie wertvoll Klopapier werden würde und begann wie die meisten Deutschen, Rolle für Rolle zu sammeln. Heute ist David einer der reichsten Menschen in Villingen-Schwenningen mit über 500.000 Rollen vierlagigen Kamillenduft Klopapier in seinem Besitz. 

Die frühere Funktion von Klopapier gibt es nicht mehr. Stattdessen besitzt die Oberschicht die Hochleistungstoilette, welche nach dem Stuhlgang den Allerwertesten vollautomatisch reinigt, föhnt und pudert. Eine Mittelschicht existiert nicht mehr. Und so putzt sich die Unterschicht nach dem Geschäft den Po einfach mit kleinen Waschlappen, die aus einem alten Handtuch geschnitten wurden. Wiederverwend- und Waschbar bei 90 Grad. 

Das Einzige, was heute noch einen höheren Wert hat als Klopapier ist Mehl. Daher sind die Bäckereien und Konditoreien heute besser bewacht, als der Louvre. Mehlanlieferungen erfolgen hier unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen und mit Polizeischutz.

Nur auf dem Schwarzmarkt wird noch Mehl für den Heimverbrauch vertickt. In dunklen Gassen lummern sogenannte Puderjunkies und verkaufen Dir in kleinen Tüten verpacktes, gemahlenes Getreide. Wer Glück hat bekommt noch ein, zwei Gramm Trockenhefe bei den düsteren Gesellen, ehemalige Bäckerlehrlinge, die ihre Lieferanten streng geheim halten. 

Proktologen haben volle Wartezimmer, da die meisten von uns an chronischer Verstopfung leiden. Denn das deutsche Volk ernährt sich seit drei Jahren überwiegend von Fertiggerichten, Tütensuppen und Nudeln. 

Und so hat jede Krise Ihre Risiken und Nebenwirkungen, die dir kein Arzt oder Apotheker erklären kann. Denn wer hätte gedacht, dass etwas Unscheinbares wie Toilettenpapier einmal unsere Welt beherrschen würde.

Ich schiebe den Mundschutz beiseite und lecke an meiner Kugel Erdbeereis.