Ich werde öfters gefragt: „Herr Schnitzer, wie kommen Sie immer auf diese Texte. Sie müssen doch nur noch am Schreiben sein.“ Weit gefehlt. Jetzt sitze ich zum Beispiel vor meinem Laptop und es herrscht gähnende Leere in meinem Kopf. Kein Gedankenblitz, null Ideen, einfach Nichts. Eine echte Schreibblockade macht sich breit.
Ich beobachte ein Eichhörnchen durch das Fenster, das sich mit ruckartigen Bewegungen die Baumkrone erobert. Es klettert und hält immer wieder inne. Ich glaube es schaut mich grade an. Wenn es das überhaupt kann, denn zwischen uns sind locker fünfzig Meter. Ich ertappe mich, wie ich unbewusst Klick-Geräusche von mir gebe, als würde das Tier durch die Doppelglasfenster meine Laute hören können. Ich frage mich, was das Eichhörnchen vorhat. Will es Nüsse verstecken? Sucht es einen neuen Partner? Ich habe irgendwo einmal gelesen, dass Wissenschaftler herausgefunden haben, dass Eichhörnchen lügen können und wahre Täuschungskünstler sind. Das kleine Nagetier versteckt nämlich seinen Nussvorrat für den Winter an verschiedenen Plätzen. Ein anderes Eichhörnchen aber beobachten dieses gerne dabei und plündert später die Verstecke. Es hat sich aber eine Verhaltensweise entwickelt, die zeigt, dass die kleinen Dinger echte Trickbetrüger geworden sind. Sie suchen sich ein Versteck und buddeln ein Loch für die Nuss. Aber dann täuschen sie vor, die Nuss hineinzulegen und verschwinden. Das andere Eichhörnchen schleicht sich langsam an das vermeidliche Nusslager und geht leider leer aus. In dieser Zeit versteckt das erste Hörnchen die Nuss ohne dabei beobachtet zu werden. Genial oder? Wenn man aber bedenkt, dass jährlich ein paar Millionen neue Bäume wachsen, weil Eichhörnchen Ihre echten Nussverstecke vergessen, so relativiert sich für mich die Intelligenz des Nagetiers, bringt aber das Tier in der Öko Bilanz ganz weit nach vorne. Eichhörnchen for Future.
Mittlerweile hat sich ein weiteres Hörnchen zum meinem dazugesellt. Die beiden scheinen sich nicht gut zu kennen, denn was zunächst wie ein Kinderspiel aussieht, entpuppt sich als regelrechter Revierkampf. Die beiden springen von Ast zu Ast und jagen sich um den Stamm in einer Geschwindigkeit, die ich mir gerne mal von einem Beamten wünschen würde. Es ist Mitte November, die Bäume tragen längst keine Blätter mehr und es ist kühl geworden. Hinter mir knistert das Kaminfeuer. Es beginnt leicht zu schneien und ich tippe auf dem Laptop so vor mich hin und bemerke, dass ich schon wieder eine Kolumne fertig geschrieben habe.