Wenn man den Begriff „Badewanne“ auf Wikipedia eingibt, so wird das meist aus Keramik bestehende Objekt als „Behältnis, das zur Körperhygiene genutzt wird“ umschrieben. Jedoch ist die Badewanne
des 21. Jahrhunderts vielmehr, als nur ein Waschzuber, in dem nur kleine Menschen ausgestreckt liegen können. Sie ist der Tempel der Entspannung. Low Budget Wellness in den eigenen vier Wänden.
Früher war das anders. Wenn ich alte Kinderfotos von mir und meiner Cousine in der Badewanne betrachte, höre ich immer noch das Knistern des Badeschaums, der nach Himbeer-Kaugummi roch. Mit einem
Schaumhut und einem Schaumbart verwandelten wir uns zum Badewannen-Weihnachtsmann.
Heute, wir sind mittlerweile erwachsen und baden natürlich getrennt voneinander, kommt die Wanne nur für besondere Momente zum Zug. Als Kräuter-Erkältungsbad zum Beispiel leistet sie gute
Dienste. Doch gerne zelebriere ich ein Bad wie einen Besuch im Wellnesshotel. Das Badezimmer wird kurzerhand zum SPA-Bereich. Kerzen werden aufgestellt, es wird meditatives Panflötengesäusel
aufgelegt und eines der unzähligen Badegeschenke, aus der letzten Weihnachtbescherung, ins Wasser geschüttet. Übrigens: Wenn sich deine Schwiegermutter schon wieder etwas für die Badewanne
wünscht und Du schon an einen Fön gedacht hast, tust Du gut daran, sie lieber mit orientalischen Ölen und Salzen zu verzaubern. Auch dein Partner*in wird sich darüber freuen. Dein zu Hause riecht
dann zwar ein paar Tage so, als stecke dein Kopf im Pyjama eines Sultans, aber das Bad zu zweit wird garantiert entspannt werden. Vorausgesetzt die Wanne ist groß genug oder einer von beiden sehr
klein. Anfangs ist das Badewasser sowieso immer so heiß, dass ich nur mit den Füßen drin stehe kann. Natürlich klingelt der Paketbote genau dann und ich watschle mit nassen Füssen im Bademantel
an die Türe. Auf dem Rückweg ins Bad rutsche ich noch ein paarmal auf den nassen Fußabrücken aus. Doch dann ist es soweit.
Der Körper kann endlich abtauchen. Ich liebe den Moment, wenn sich das heiße Wasser am Rücken entlang bis zum Hals bewegt. Das Blut zirkuliert und die Haut bekommt ein warmes Rot. Vielleicht sind
es unsere Urinstinkte, die uns ein Bad in der warmen Wanne so angenehm erscheinen lassen. Es erweckt die Erinnerung an das neunmonatige Bad im Bauch unserer Mutter, als wir noch nicht geboren
waren.
Ein paar Luftblasen des letzten Grünkohlauflaufs steigen empor, weil sich jedes Organ der totalen Entspannung hingibt. Wenn´s dumm läuft auch die Blase.
Aber was soll´s. Ist ja nicht giftig, sondern soll sogar gesund sein.
Du tauchst daher mit deinem Kopf noch einmal ab und fühlst dich wie ein Schwamm. Deine Hände werden schrumpelig und du spürst, dass die Zeit gekommen ist auszusteigen. Dir graut schon vor der
kalten Luft und dem Moment des nackten, würdelosen Abziehens der Badezimmerkacheln.