Mit meinen Händen umfasse ich das kalte Kunstoffrohr, während ich einen Fuß auf die Metallstange stelle, die etwa zehn Zentimeter über dem Boden schwebt. Ein Blick nach links, ein Blick nach rechts. Kein Auto zu sehen. Das andere Bein schiebt den Einkaufswagen mit Schwung über den etwas abschüssigen Parkplatz des rot weiß gestrichenen Einkaufszentrums, auf dem mit großen Buchstaben „WÜBA“ geschrieben steht. Das war vor etwa zwanzig Jahren und wie ein kleiner Junge kann ich auch heute nicht anders, wenn ich den Supermarkt mit einem Einkaufswagen verlasse. Ich bin mir sicher, dass viele mindestens einmal im Leben mit dem Metallkorb auf vier unsteuerbaren Hartgummirollen über den Asphalt gerollt sind. Damals waren die Einkaufswägen noch umsonst und daher machten wir regelmäßig Einkaufswagen-Wettrennen die Schneckenbrücke hinunter. Heute komme ich nur mit der richtigen Münze an die geniale Erfindung und nutze sie für das, wofür sie da ist: Einkaufen. 

Dabei ist das Steuern dieses überdimensionalen Metallkorbes nicht ganz einfach und ich habe das leise Gefühl, dass einige Ihr räumliches Denken noch einmal Überdenken müssten. Denn der erste Gedanke, der mir bei dem Wort „Einkaufswagen“ in den Sinn kommt, ist der dumpfe Schmerz, wenn dir die Frontstange direkt in die Hacken fährt. Da war der Wagen wohl länger, als erwartet. Gerne wird die geniale Erfindung auch als Platzhalter an der Theke genutzt. Und es funktioniert. Den Mut einen fremden Einkaufswagen wegzuschieben musst Du erst mal haben. Denn während des Einkaufs wird der dazugehörige Wagen zum Eigentum des Kunden, den niemand, also absolut niemand verschieben, ja sogar berühren sollte. Tust Du es dennoch, kassierst du meist Blicke, die töten könnten.

Ach du lieber Einkaufswagen. Ungerne denke ich an die Zeiten zurück, in welchen ich mit meinen dicken Mopsstampfer in den ausklappbaren, unbequemen Kindersitz gesetzt wurde. Bewegungsunfähig, rückwärtsfahrend und mit dem Blick auf meine Mutter. Ich glaube, dass die Menschen, die nicht rückwärts Zug und Bus fahren können, als Kind niemals in den Einkaufswagenkindersitz gesteckt wurden.

Ach du lieber Einkaufswagen, wie konnte dein tadelloser Ruf so einfach in den Schmutz gezogen werden. Denn seit geraumer Zeit werde ich regelmäßig von einem furchteinflößendem Sicherheitsmitarbeiter am Eingang zum Supermarkt mit den Worten: „Nur mit Einkaufswagen.“ mehr oder weniger freundlich dazu gezwungen, dich zu nutzen. Auch wenn ich nur eine Packung Kaugummis kaufen möchte, muss ich neuerdings einen nicht desinfizierten Einkaufswagen anfassen und durch die Gänge schieben, welche, weil jeder einen Einkaufswagen schieben muss, völlig verstopft sind. So macht Einkaufen Spaß. Ironie aus. Die Begrenzung der Kunden wäre doch auch ohne Einkaufswagen und Wachmann machbar, dank moderner Technik, wie zum Beispiel Lichtschranken. Wie sieht es mit gesonderten Einkaufszeiten für Menschen, die zur Risikogruppe gehören, aus? Und zuallerletzt wird sich doch jemand finden lassen, der die Griffe meines geliebten Einkaufswagens nach jedem Kunden desinfiziert.