Der Morgentau liegt auf den Feldern und ich genieße das Landleben in meinem kleinen Einfamilienhaus in einem Neubaugebiet unseres kleinen Dorfes. Auf dem Land zu leben, hat schon was für sich und ich bereue die Entscheidung nicht, der Großstadt entflohen zu sein. Es war ja nicht mehr auszuhalten. Der ständige Smog, der Autolärm, die Menschenmassen. Jetzt lebe ich in einem idyllischen Dörfchen 80 km entfernt und pendle täglich allein mit dem Auto ins Büro, das immer noch in der Stadt liegt. Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln würde das viel zu lange dauern und außerdem möchte ich flexibel sein. Der tägliche Berufsverkehr und die Staus auf der Autobahn machen mir nichts aus. Denn ich freue mich jeden Abend auf die ruhigen Minuten in meinem Vorgarten. Wir haben uns für einen Steingarten entschieden. Ist einfacher zu handhaben. Kein Unkraut, kein Ungeziefer. Nur zwei Buchsbäumchen zieren das wunderwolle Steingrau in meinen 30 Quadratmeter großen Vorgarten. Ich brauche kein Grün. Ich habe die Natur direkt vor Ort. Weite Felder, große Wälder. Es ist als wäre ich hier im Paradies, das leider viel zu oft einen üblen Geruch mit sich zieht. Denn einige hundert Meter von unserem Fertigbauhaus hat ein Bauer eine Biogasanlage gebaut. Das stinkt an manchen Tagen so fürchterlich, dass wir die Fenster geschlossen halten müssen. Ich meine: Ich habe ja nichts gegen alternative Energien, aber das geht zu weit. Ich frage mich: Wie kann man nur in der Nähe eines Neubau-Wohngebietes eine Biogasanlage hinstellen? 

Wenn ich schon dabei bin, kann ich auch gleich meinen Unmut über diesen Lärm loswerden. Denn die Landwirte habe die Dreistigkeit, auch sonntags Ihre Ernte einzufahren. Sonntags! Ich meine, ich bin ja nicht religiös oder so, aber soviel ich weiß ist dieser Tag ist doch ein Ruhetag. Da möchte ich bei einem Glas Chardonnay auf meiner Terrasse sitzen und chillen. Doch die überdimensionalen Traktoren mähen, pflügen, säen bis in die Nacht hinein. Das geht doch nicht! Jetzt bin ich schon aufs Land gezogen, um Ruhe zu finden und dann das! Der kann doch seine Arbeit an einem ganz normalen Arbeitstag machen, wie wir alle. Und das bitte zwischen 9 und 12 Uhr oder 14 und 17 Uhr. Ist das zu viel verlangt? Ich reg mich sowas von auf und suche im Internet den Wikipedia Eintrag zur Sonntagsruhe.
Der einzige Trost hier ist der neue Selbstbedienungsladen, in dem man Milch, Eier, Käse, Gemüse direkt vom Bauern kaufen kann. Der hat Gott sei Dank 24 h offen, was mir entgegenkommt, wenn ich mal wieder Überstunden schieben muss. Die Eier sind Bio und schmecken einfach wunderbar. Wenn dieser ständig krähende Hahn nicht wäre. Irgendwann werde ich ihm den Hals umdrehen, so wie den nachts schreienden Kühen, die vielleicht eine vorzügliche Milch geben, die aber so was von gar nicht lange haltbar ist. Deshalb kaufe ich lieber die günstige H-Milch mit 0,8% Fett im Discounter, den es jetzt endlich bei uns im Dorf gibt. Dort gibt es nämlich auch ganzjährig eine größere Auswahl an Gemüse als beim Bauer. So lässt sich das Landleben dann auch richtig genießen.