Ich bin auf dem Weg zu einem Auftritt und bemerke, dass es eine wohl keine gute Idee war Spaghetti aglio e olio zum Mittagessen gegessen zu haben. Der starke Knoblauchgeruch zwingt mich eine Tankstelle anzufahren, um Kaugummis zu kaufen. Ich bin schon etwas spät dran und freue mich. Es ist Samstagabend gegen 18 Uhr. Ich betrete die Tankstelle und gehe zielgerichtet Richtung Kasse, wo sich die überfordernde Auswahl an Mundgeruchskillern befindet. Eine Frau steht dort und scheint mit der Tankstellenangestellten zu diskutieren. Ich stelle mich hinter sie und warte. Mein geschultes Ohr beginnt natürlich der Diskussion zu lauschen. Ich höre das Wort „Betrug“ und „das ist eine ganz miese Masche von Ihnen“. Ich denke mir: „Wunderbar Sebastian, da lohnt es sich doch genauer hinzuhören.“ Es geht mal wieder um den Benzinpreis. Wenn der Deutsche mal nichts mehr zu meckern hat, dann hat er ja zum Glück noch den Benzinpreis, der bietet sich als explosiver Diskussionsstoff immer gerne an. Soviel habe ich dem Damengespräch mittlerweile entnommen: Die Kundin solle wohl einen zu hohen Betrag für das Benzin bezahlen, als auf der großen Tafel ausgeschrieben war. Es sind schon fünf Minuten vergangen und ich frage höflich: „Entschuldigung, ich habe nur die Kaugummis, könnte ich vielleicht kurz dazwischen?“ „Nein, ich möchte das jetzt und hier geklärt haben.“ Faucht die Dame zurück, als wäre sie ein bengalischer Tiger, dem ich gerade das Mittagessen wegnehmen wollte. Ich schweige. Ich lausche weiter. „Ich zahle den Preis auf der Anzeigetafel, nicht mehr und nicht weniger.“ Wettert die Dame. Worauf die ruhige Tankstellenangestellte wohl schon seit ein paar Minuten ihr mitteilen möchte, dass der Preis an der Zapfsäule, als reeller Betrag beim Tanken gilt. Natürlich sieht die Kundin das nicht ein, denn sie hätte „da etwas ganz Anderes im Fernsehen gesehen“. Nun warte ich schon 10 Minuten und grätsche noch einmal dazwischen. „Ich habe nur die Kaugummis, das geht doch fix? Ich habe noch einen Termin und muss langsam weiter.“ Werfe ich hoffnungsvoll in die Runde. „Wer hat denn jetzt noch einen Termin?“ schnattert die Dame zurück, mit einem lehrerhaften Unterton, den ich als Kind schon nicht mochte.

„Na ja, es ist wohl wieder Zeit sich einzumischen.“ Denke ich und frage ganz nett: „Wo liegt denn hier der Hund oder eher das Hündchen begraben?“ Stille. Keine der Frauen findet diesen Satz witzig. Altherrenhumor zieht also nicht. „Ich habe für 1,37 € getankt und bekomme 1,39 € berechnet.“ Antwortet die Dame. „Sie müssen beim Herausnehmen des Zapfhahnes auf der Säule nach dem Preis schauen. Dieser ist der aktuellste.“ Erklärt die Tankstellenangestellte ihr nochmals. „Das macht doch jeder.“ Sage ich und habe somit die Büchse der Pandora geöffnet, denn nun kommt die Dame richtig in Fahrt: „Ihnen sind 2 Cent ja vielleicht egal, sie haben´s ja.“ Und deutet auf meinen Anzug. Bevor ich ihr erkläre, dass ich als Musiker vielleicht nicht so oft in der Jogginghose auf die Bühne gehe, wage ich einen Blick nach draußen. Neben meinem 11 Jahre alten Vertreter-Golf steht ihr nagelneu anmutender Audi A6. „Wo kämen wir denn hin, wenn jeder seine Preise von jetzt auf nachher ändern kann. Armes Deutschland!“ Jetzt schmeißt die Dame nur noch mit Parolen-artigen Bildzeitungszitaten um sich und ich beginne währenddessen ihren etwaigen Differenzbetrag zu errechnen. Ich addiere meine Kaugummis dazu und lege abgezählt 2,49 € auf den Tresen und gehe mit den Worten: „Sie haben völlig Recht, armes Deutschland.“