Ich habe ein neues Spiel entdeckt, das spannend und zugleich recht schwierig ist. Ich nenne es: „Verwirre deinen Algorithmus.“ Nachdem ich erkannt habe, dass wir tagtäglich vom World Wide Web analysiert werden, musste ich mir etwas überlegen, dagegen vorzugehen, um zugleich mein Leben zu verbessern. Denn sicher ist Dir auch schon Ähnliches passiert: Ich rede mit einem Freund über den Rasenmäher, der ständig nicht anspringen möchte. Wir diskutieren über die Vor- und Nachteile von Elektro oder Benziner. Einen Tag später, bekomme ich auf Instagram und Facebook eine gesponsorte Werbeanzeige für Rasenmäher, obwohl ich die Suchmaschine noch nicht einmal mit einem Rasenmäher ähnlichen Wort gefüttert hatte. „Dir geb´ ich!“ habe ich mir gedacht und sofort den Button „Werbeanzeige verbergen“ geklickt. In der letzten Zeit braucht dieser Algorithmus sogar nur noch wenige Minuten, um mir die passende Werbeanzeige zu basteln. Neben Wut beschert mir dieses Phänomen auch Angst. Ständiges Cookies Akzeptieren und Schlucken, um Seiten im Netz aufzurufen, hinterlässt einen virtuellen Fingerabdruck oder ein Spiegelbild unserer kommerziellen Persönlichkeit. Das Wort „Datenschutz“ scheint Tag für Tag lächerlicher zu werden. Denn eines ist klar: Das Netz hat bereits ein genaueres Bild von mir, als meine Frau Heidi. Denn aus jedem Klick, jedem hochgeladenen Bild oder Video, jedem Kommentar bastelt sich der Algorithmus seine Schnitzer-Vodoo-Puppe. Und die ist alles andere als grob. Sie kann ziemlich genau mein Handeln vorhersagen und sogar steuern. Sie analysiert sogar, wie lange ich auf einen Post oder ein Bild starre, um mir in Sekunden schnelle noch mehr davon zu zeigen. Er, der Algorithmus, weiß mehr über mich, als: Männlich, Mitte dreißig, liebt Landschaftsfotografien und Mountainbiken. Er weiß auch, dass ich lustigen Katzenvideos nicht abgeneigt bin. Und so hält er mich auch damit bei der Stange. Doch jetzt habe ich dem Algorithmus den Kampf angesagt: Ab sofort gebe ich meinem Handy täglich Begriffe, die nichts mit mir oder meinen Interessen zu tun haben wie: Ballett, Meditation, Ausdruckstanz, Chai-Latte, Mandelmilch und Super Food. Ich trage in unserem Online Kalender anstelle von Stammtisch das Wort „Mädelsabend“ ein. 

Ich kreiere dem Algorithmus Stück für Stück einen neuen, anderen Schnitzer, mit dem er nicht gerechnet hat. Dieser Schnitzer hat plötzlich Leggins an, tanzt Jazzdance, nimmt an einer Yoga Challenge teil und macht gerade Detox mit Gojibeeren. Ich bekomme plötzlich den Vorschlag Detlef D. Soost zu abonnieren und sehe zum ersten Mal, dass Poledance in der heutigen Zeit nichts Anrüchiges mehr hat, sondern der Trendsport der modernen Frau geworden ist. Für eine kurze Zeit habe ich es geschafft. Ich kaufe weniger Mist, weil ich das, was mir angeboten wird, nicht benötige. Meine Bildschirmzeit minimiere ich, weil mich die auf mich zugeschnittenen Posts einfach nicht interessieren. Für eine kurze Zeit. Leider. Denn der Algorithmus gibt sich nicht geschlagen und merkt schnell, dass mich seine Vorschläge nicht interessieren. Er kontert mit Inhalten, die mich wieder schwach werden lassen. Ich gebe mich geschlagen. Diese Runde hat er vielleicht gewonnen, doch ich werde es wieder  und immer wieder versuchen, mit der Hoffnung, dass auch Ihr Lust bekommen habt auf „Kampf dem Algorithmus“.