Es ist Montag morgen, der erste Februartag 2021. Ich steige in mein Auto und fahre auf der Hauptstraße zwischen den weißen Zäunen der fürstlichen Pferdekoppeln hindurch. Wie wundervoll es doch immer wieder ist, aus Donaueschingen rauszufahren, wenn einem die aufgehende Sonne zulacht, die ihre Strahlen durch den Nebel wie einen Hochzeitsschleier scheinen lässt. Doch schon bei der ersten Linksabbiegung erschrecke ich. Denn ein etwa vier mal drei Meter großes Ungetüm hält mich beinahe vom Lenken ab. Mit einer sowas von unnatürlicher Farbkombination strahlt mich die Wahlwerbewand der FDP an, als würde ich mich nicht in Donaueschingen, sondern in Las Vegas befinden. Über Geschmack lässt natürlich immer wieder gerne streiten, aber das, was mir hier ins Auge sticht, ähnelt eher einer Plakatwerbung für ein Online Casino Spiel als einer Landtagswahlwerbung. Zurück in die Achziger Jahre. Zumindest farblich und grafisch. Das scheint zwar gewagt zu sein, aber sticht fast schon wörtlich ins Auge. Da kann die fade CDU Plakatwand nebenan abstinken. Denn diese fällt mir erst auf, als ich wieder nach Hause fahre.
Ich muss zugeben: Wenn es um Politik, geht bin ich eher so räumlich bewandert. Ich weiß wo die Parteien sich aufhalten: Links, rechts, mitte, oben, unten, hinten oder vorne. Der tiefe Parteiinhalt ist mir nur teilweise bekannt, wird und kann so oder so selten von der Partei umgesetzt oder durchgezogen werden. Ich bin daher -zum Leidwesen meiner selbst- ein optisch agierender Bürger der Bundesrepublik, der auch seine Weinflasche meist nach dem Aussehen des Etiketts aussucht. Und so entschließe ich mich, etwas durch die Gegend zu fahren, um mir ein politisch-grafisches Bild zu machen. Die Kontraste könnten größer nicht sein, denn neben der Farbexplosion der Freien Demokraten verschwindet das aufgeräumte, schlichte Design der SPD fast schon ein wenig. Rote Schrift auf großzügigem weißem Grund. Der Verzicht auf Spielereien wirkt ansprechend und zeitlos und doch ein bisschen undynamisch und einfallslos. Viel Platz und Raum für meine Gedanken geben mir die Schriften und Grafiken. Und die Sozis bleiben ihrem Rot treu, was mir durchaus gefällt. Wohingegen ich mich mit diesen Orange-Tönen der CDU einfach nicht anfreunden kann. Orange, eine Mischung aus FDP-gelb und SPD-rot. Steckt hinter dem Image- und Farbwechsel also vielleicht doch mehr? Aber Was spricht denn gegen ein schlichtes, gut in Szene gesetztes Schwarz? Edel und, wenn man ganz genau sein will, keine Farbe. Vielleicht wäre das die Farbe für die Bundestagswahl 2025 der Kulturpartei, die ich mir so sehr wünsche. Ich könnte noch Stunden über das Aussehen diverser Wahlplakate sinnieren und schreiben. Aber der Mann auf dem Wahlplakat der Grünen scheint mir irgendwie ein schlechtes Gewissen zu machen. Fahre ich doch nun schon eine Stunde mit dem Auto sinnlos durch die Stadt.