Endlich ist sie da. Die Jahreszeit, die uns unwiderruflich klar macht, dass Vergänglichkeit zu unserem Dasein dazu gehört. Der Herbst. Die Tage werden kürzer, Laubbäume verzaubern uns mit ihren rot gelben Blätterkunstwerken, die sie leider viel zu schnell wieder verlieren. Es wird kühler und unser Körper zeigt uns, dass wir diesen Sommer schon wieder zu wenig Sport betrieben haben. Und so drängt es mich auf die matschigen Wege, die mit feuchten Blättern getarnt einer Rutschbahn gleichen, auf der unsere Schüler im Morgengrau mit ihren elektrifizierten Kinderfahrrädern zu Fall gebracht werden. Triste Tage ziehen ins Land, die uns dazu bewegen, mal wieder ein gutes Buch zur Hand zu nehmen. Ich sitze am Fenster und lasse mich während ich Seite für Seite lese, von den Klängen der unzähligen Laubbläser begleiten. Also gehe ich in unseren Garten und versuche mit traditionellem Laubrechen dem Gebläse noch den passenden Rhythmus zu verleihen. Ein orchestrales Meisterwerk schallt durch die Nachbarschaftsgärten, das mich auf die Idee bringt, irgendwann eine zeitgenössische Sinfonie für Benzin- und Elektrolaubbläser zu schreiben. Diese wäre an den Donaueschinger Musiktagen bestimmt ein großer Erfolg.

Der Herbst ist leider das Ende der kurzen Hosen, welche nun nach ganz hinten in den Schrank wandern. Wollpullover und Winterjacken erwachen aus ihrem Sommerschlaf. Fellwechsel ist angesagt. Wir legen wir unser Sommerfell ab, um uns das warme, kuschelige Winterfell anzulegen. 

Herbst bedeutet Erntezeit und wie jedes Jahr gibt es Literweise Kürbissuppe, die ich gerne einfrieren würde, wenn da nicht noch die vom letzten Herbst im Gefrierschrank wäre.

Was dem Frühling der Spargel ist, ist dem Herbst der Kürbis. Und so lausche ich jeden Freitag auf dem Wochenmarkt den Damen, wie sie die neuesten Kürbissuppenrezepte austauschen. Übrigens empfehle ich einen Hauch frischen Kurkuma und Ingwer mit zu verarbeiten, das wärmt die Seele an kühlen Herbsttagen. Meist zelebriere ich die traditionelle Herbstküchenschlacht so extrem, bis wir es bis zum nächsten Herbst wortwörtlich satthaben, Zwiebelkuchen, Schlachtplatte oder Kürbissuppe zu essen. Kulinarisch hat diese Jahreszeit Einiges zu bieten. Kastanien zum Beispiel sind eine wunderbare und völlig unterschätzte Frucht, die nicht nur Frutarier auf Ihrer Speisekarte haben sollten. „Frutarier streben eine Ernährung mit pflanzlichen Produkten an, die nicht die Beschädigung der Pflanze zur Folge haben, von der sie stammen.“ Die herbstlichen Lebensmittel, wie Kastanien, Birnen oder Äpfel fliegen uns also sprichwörtlich in den Schoß. Pilze schießen aus der Erde und ich habe bis heute die geheimen Sammelplätze meines Freundes Tobias nicht aus ihm rauskitzeln können. 

Doch das für mich Schönste am Herbst ist die Ruhe, die in uns einkehrt. Ich habe das Gefühl, dass Natur und Wetter uns langsamer werden lassen. Wir haben wieder Zeit, mit unserem Smartphone die bunten Sonnenauf- und Untergänge zu fotografieren, um sie im Netz mit anderen zu teilen. Wir spielen beim Anblick eine großen, bunten Blätterhaufens mit dem Gedanken wie ein Hund hineinzuspringen und eine Blätterschlacht zu veranstalten. Wir bleiben mit dem Blick nach oben minutenlang stehen und beobachten, wie die tiefstehende Herbstsonne durch die bunten Blätter strahlt und sie mit ihrer Wärme durchleuchtet. Wir beginnen, uns langsam wieder aneinander zu kuscheln, uns näher zu kommen und uns gegenseitig Wärme zu schenken. Unsere Gedanken kehren sich nach innen und es wird ruhiger um uns. Nicht mal ein Laubbläser kann die goldene Jahreszeit zerstören. Danke Herbst, dass es dich gibt.