Ich möchte mich heute zu einem Thema auslassen, das mir meine Oma schon in den 80er Jahren predigte und das mir bei unseren letzten Kurzurlaub im Allgäu wieder vor
Augen oder besser gesagt vor die Ohren geführt wurde.
Heidi und ich entschieden vor einigen Wochen eine Wandertrip nach Pfronten zu tätigen, wo wir unter anderem den Aggenstein Gipfel bestiegen. Wir starteten im Tal und hatten zirka 1200 Höhenmeter
vor uns. Also waren uns mehrere Stunden für den Aufstieg auf jeden Fall klar. Was uns aber nicht klar war, war die Anzahl der Wanderer, die die gleiche Idee, wie wir hatten. Schon nach zwei
Kilometern waren wir acht Personen begegnet. Ich kann mich deshalb an die genaue Zahl erinnern, weil wir uns angewöhnt haben, jeden Menschen, der uns begegnet zu grüßen. Somit war uns schnell
bewusst, dass der Aufstieg nicht nur höhenmetertechnisch, sondern auch Menschentechnisch zu einer Herausforderung werden würde. Jedoch störten mich nicht die steilen und engen Pfade, an welchen
man oft auf die Seite stehen musste, um entgegenkommende Wanderer vorbeizulassen. Es war das kontinuierliche: „Hallo.“ Das mir nach zwei Stunden bereits auf die Nerven ging. Wenn ich eines nicht
leiden kann, dann ist es mangelnde Abwechslung. Und so gab ich mir die Aufgabe, jeden Wanderer einen anderen Gruß an den Kopf zu werfen. Die ersten 10 waren ja noch einfach: Guten Morgen. Guten
Tag. Hallo. Hi. Servus. Grüß Gott. Moin. Hola. Ciao. Sogar ein tuffiges „Hallöchen“ ging mir über die Lippen. Doch jetzt begann es schwieriger zu werden. Gut, wenn man ein bisschen
Fremdsprachkenntnis mit in den Urlaub genommen hat. Wie eine griechische Bergziege stampfe ich an einer Gruppe Renter vorbei und rief „kali mera“, was neben Verwunderung den keuchenden Männern
sogar ein Lachen entlockte. Ein älteres Ehepaar wurde mit einem „Merhaba“ gegrüßt und bei den zwei netten, jungen Damen kurz vor dem Gipfel glänzte ich, wie soll es auch anders sein, mit einem
feurigen „Buenos Dias“.
So bekommt das Grüßen wildfremder Menschen eine völlig neue Dimension und vor allem Reaktion. Denn das ist im Grunde das spannendste, was ein Gruß bewirken kann. Eine Reaktion, die der Grüßende nicht vorhersehen kann und mit der der Gegrüßte nicht rechnet. Das zeigt zumindest meine Erfahrung mit dem Grüßen eines Menschen, den man nicht kennt. Meist grüßt er zurück. Oft ist er sogar damit überfordert. Manchmal kann aber einem grimmigen Blick auch ein sanftes Lächeln entlockt werden. Spätestens dann muss Dir bewusstwerden, welche Macht ein Gruß haben kann. Das war es also, was meine Oma mir als Kind mitgegeben wollte: „Grüße deine Mitmenschen.“ und sie hatte Recht. Diese einfache Tugend aus der verstaubten Vergangenheit ist auch heute und in Zukunft ein wichtiger Bestandteil unserer Gesellschaft und sollte mit Freude praktiziert werden. Es grüßt Dich mit Herzen, der grobe Schnitzer.