Na, hast Du Dich auch verschätzt? Ging es Dir wie mir? War der Lockdown zu schnell vorbei? Hast Du auch am Tag des Herunterfahrens gedacht, es würde länger dauern, bis wir wieder unserem Alltag nachgehen werden? Hast Du Dir deshalb eine lange Liste gemacht, mit Dingen, die viel, ja sehr viel Zeit brauchen? Etwa ein „Do it yourself Projekt“, das Du schon immer machen wolltest. Und nun? Wieviel von Deinem „Do it yourself Projekt“ ist fertig? Oder besser gefragt: Wieviel davon liegt noch unvollendet rum? Sei es in deinem Kopf oder physisch. Hat Dich der Alltag schneller eingeholt, als erwartet, weil sich dein Umfeld schneller erholt hat, als es Dir vielleicht lieb ist? Und ging Deine Planung somit nicht auf? 

Jetzt haben wir so viel Zeit geschenkt bekommen, um endlich Dinge anzugehen, die genau diese Zeit brauchen. Dinge, die wir vielleicht niemals angefangen hätten, weil die letzten Jahre extrem zeitraubend waren. 

Ich habe angefangen zu renovieren. Nicht nur ein bisschen. Nein so richtig Alles! Und nun? Nun fehlt mir die Zeit fertig zu werden. Es ist fast so, als würde der Alltag jetzt ein noch höheres Tempo von mir fordern als vor dem Lockdown. Als müsste ich die letzten drei Monate wieder zurückholen. Und ich frage mich: Was habe ich diese drei Monate eigentlich vollendet? Nichts? 

Und dabei hatte ich doch unendlich viel Zeit. Die ich aber für die Erfindung und Entdeckung unterschiedlichster Verschwörungstheorien genutzt habe, anstatt für Sinnvolle Dinge, wie zum Beispiel für´s Briefe schreiben. 

Ich habe das Gefühl, dass eine Krise, die Dir Zeit gibt, gefährlicher ist, als eine, die Dich in hohem Maße fordert. Weil Du zu viel über das, was passiert, nachdenkst. Oder noch schlimmer „googelst“. Das World Wide Web zu befragen, ist leider ein ganz fataler und gefährlicher Weg zur Wahrheit. 

Ich sollte die Zeit lieber für einen Moment der Selbsterkenntnis nutzen, um mir ein weiteres Mal die Frage zu stellen, ob ich wirklich glücklich bin. Stattdessen habe ich renoviert und bin nicht fertig geworden. Toll. 

Jetzt pendle ich zwischen Arbeit und Renovierung. Bin täglich 14 Stunden auf den Beinen. Ein innerer Countdown für was auch immer treibt mich an. Die Zeit rennt mir davon und ich blicke wehmütig auf die ersten Tage des Lockdowns zurück, an welchen ich seit Langem wieder Ruhe und Zeit in mir spürte.

Und plötzlich fällt mir ein: In nur 123 Tagen ist wieder Weihnachten. Also höchste Zeit, sich über die Geschenke Gedanken zu machen.