Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie ich damals in meine erste eigene Wohnung umgezogen bin. Die Wohnqualität hat sich von damals zu heute natürlich immens verändert. Anfangs lebte ich in einem kleinen Zimmer in einer WG. Heute darf ich mich in drei Zimmern, Keller und Garten briet machen. So viele Dinge haben sich seit meinem Auszug von zu Hause verändert. Bis auf eine Sache: Der Anruf meiner Mama. Ich wage zu behaupten, dass das Telefonkabel als magische Verbindung zwischen Mutter und Kind bezeichnet werden kann. Ich muss immer wieder schmunzeln, wie sie mich damals immer aus dem Bett klingelte mit der Frage: „Guten Morgen, Schatzele. Bist du zu Hause?“ „Mama, du rufst auf dem Festnetz an.“ Antwortete ich verschlafen. „Festnetz kostet halt nix.“ Wusste Mama immer zu sagen. Mittlerweile habe ich nur noch ein Handy, was meine Mama natürlich, trotz der Extra-Kosten nicht davon abhält, mich anzurufen. Meine Mutter gehört zu den für mich beneidenswerten Menschen, die bis heute kein Mobiltelefon haben. Kein Laptop und kein Tablet. Sie kommuniziert nicht mit SMS, What´s App oder E-Mail, sondern mit ihrer Stimme und dem guten, alten Festnetztelefon.
Das nutzt sie gerne, um sonntags ihre Telefonliste abzuarbeiten, auf der einige Verwandte und natürlich Heidi und ich stehen. Der Begrüßungs-Klassiker: „Ist alles in Ordnung bei Euch? Ihr habt euch die ganze Woche nicht gemeldet.“ kommt bestimmt einigen von Euch bekannt vor. Dagegen hilft diese nachvollziehbare Antwort: „Sei doch froh. Würden wir uns melden, dann ist meistens irgendetwas.“ nicht wirklich. Ich habe mich in der Schule schon nicht oft gemeldet, was sich bis heute in meine Kommunikation leider fortgesetzt hat. Dafür meldet sich meine Mutter oft und gerne. Meistens, um ein bisschen Small Talk zu führen. Und darin ist sie wirklich gut. Zweite Lieblingsfrage von Mama: „Was machst Du gerade?“ Ich antworte: „Ich arbeite.“ „Was arbeitest du?“ erwidert sie verwundert. Da ich diese Antwort als kleinkünstlerischer Musiker nicht einfach und schnell beantworten kann, lenke ich schnell um: „Was machst du gerade, Mama?“ „Ich telefoniere mit dir.“ Antwortet sie ganz selbstverständlich. Ich schweige. Dann kommt Mama auf ihr drittes Lieblingsthema: „Deine Kolumne in der STAZ letzte Woche war wieder super. Über was schreibst du als nächstes?“ Ich denke ein paar Sekunden nach und sage: „Über diesen Anruf.“ „Das ist doch langweilig.“ Meint Mama. „Schreib lieber etwas zum Muttertag nächste Woche.“ Und ich erwidere: „Keine Sorge Mama, ich schreib schon etwas mütterliches“ Wir beide legen auf und ich muss gestehen: Mit zunehmendem Alter, lerne ich es zu schätzen: Das Ritual mit Mama. Denn der Junge in mir freut sich schon jetzt auf den nächsten Anruf von Dir.