Es ist gerade Saure Gurkenzeit. Zumindest für mich als Musiker. Und so habe ich mich bereiterklärt, die Wohnung einer älteren Dame auszuräumen, welche nun im betreuten Wohnen lebt. Das Spannende an dieser Wohnung ist, dass die Lady hier fast 60 Jahre gelebt hat. Da sammelt sich Einiges an, das gut in ein Museum passen könnte. Es ist wie ein staubige Zeitreise durch die 60er Jahre. Zu allererst bestätigt sich die Theorie, dass der Mensch als Jäger und Sammler das Horten von Klopapier in seinen Genen hat. Denn wir finden in der Besenkammer über zwanzig Packungen Klopapier. Sorten, die es schon gar nicht mehr gibt, originalverpackt. Ganz behutsam, wie einen Schatz, tragen wir das Blattgold aus der Wohnung. Für mich sind einige Dinge hier sowieso wie Gold, die meine Frau am liebsten auf den Wertstoff werfen würde. Denn als Kind habe ich auf dem Heimweg schon manchmal den Sperrmüll anderer Leute durchforstet. Mein Kindergarten lag in der Wöschhalde und ich wohnte in Nordstetten, also ein Fußweg von etwa einem Kilometer, den ich meist alleine ging. Als ich eines schönen Sommertages dafür sehr lange brauchte, weil ich eine komplette Tür mit nach Hause schleifte, staunte meine Oma nicht schlecht. „So eine Tür kann man immer gebrauchen.“ Sagte ich. Diesem Phänomen steht Heidi nun gegenüber, denn ich könnte in der Wohnung der alten Dame sehr viel gebrauchen. Doch der größte Schatz, den wir beim Ausräumen entdeckt haben, sind selbstgemalte Bilder in Acryl, Öl oder Aquarell. Nun kenne ich diese Dame schon über zehn Jahre und erfahre erst jetzt, dass Sie kleine Kunstwerke erschaffen hat. Wir entscheiden uns, einige dieser bunten Bilder nicht dem Wegwerfwahn zu opfern, sondern wieder an anderen Orten aufzuhängen. 

Der spannendste Moment ist der Gang auf den dunklen Speicher, wo uns eine Fledermaus begrüßt. Wir entdecken eine uralte Truhe mit Tapetenrollen, von denen jede einzelne anders ist und somit ihre eigene Geschichte erzählt. Der einzelne Kinderschuh, der auf dem alten Holzplanken liegt, ruft das Gefühl eines schlechten Thrillers hervor. Wir sind direkt unter den Dachziegeln und es beginnt zu regnen. Plötzlich flattert eine Fledermaus durch die Dachbalken und Heidis Schrei könnte einer Steven King Verfilmung entstammen. 
Es gäbe noch mehr dieser schaurigen Geschichten, doch die hebe ich mir für die Kolumne zu Halloween auf. Was mir am meisten gefällt an Ausräumaktionen ist die Tatsache, dass Generationen vor uns noch nachhaltig eingekauft haben. Denn viele Dinge, denen Heidi und ich ein Weiterleben schenken, trotzen dem Verfall seit Jahrzehnten, weil sie schlichtweg von guter Qualität sind. Und so versuchen wir den Wert der Dinge zumindest unser Leben lang zu erhalten bis unser Zu Hause von jemand anderem wieder entrümpelt wird.