Stellt Euch vor: Angela Merkel verlässt nach einer Corona Erkrankung, die sie überstanden hat, das Krankenhaus. Bevor sie in ihre gepanzerte Limousine steigt, richtet sie ihren Blick der Presse zu und reißt sich den Hosenanzug vom Leib. Darunter steckt ein Superwoman Kostüm. Unvorstellbar in unserer Bundesrepublik. Jedoch nicht in dem Land, das sich mit einem Präsidenten herumschlagen muss, dessen geistiges Gedankengut seit seiner Präsidentschaft in einem „Lockdown“ zu stecken scheint. Klar, USA ist nicht gleich BRD. Was sich aber in den letzten Wochen auf der anderen Seite des großen Teichs abspielt, gleicht eher einem Hollywood Blockbuster als echter Politik. 

Ja, ich habe es gewagt das TV Duell zwischen Trump und Biden in voller Länge anzuschauen.  Zunächst in Original Ton, dann simultan übersetzt vom österreichischen Fernsehen. Ich hatte also über drei Stunden, um mir ein Bild von der Politik der vereinigten Staaten von Amerika kreieren zu können. Doch was ich sah und hörte, war kein kluger oder intelligenter Schlagabtausch. Kein zivilisiertes Diskutieren. Ich bekam magere politische Aussagen vorgesetzt, die mir, vor allem wenn ich Amerikaner wäre, nicht genügen würden. 

Sehr störend empfand ich, dass beide Kandidaten meist von sich selbst sprachen. Das „Ich“ stand im Mittelpunkt. Wo war das „Wir“? Ich habe mir als Vergleich das TV Duell Merkel gegen Schulz noch einmal angeschaut und bin froh, dass das „Wir“ in unseren Debatten noch öfters ausgesprochen wird als das „Ich“.

Offensichtlich geht es bei einer Präsidentschaftswahl in Amerika vor allem darum, die persönlichen Schwachstellen des Gegners zu finden und auszuschlachten. Da wird auf dem Sohn von Biden herumge„trump“elt, als wäre dies ein Argument ihn nicht zu wählen. Paradox daran ist, dass manche Amerikaner wahrscheinlich so denken: „Ich wähle doch keinen Präsidenten, dessen Sohn mal drogenabhängig war.“ Okay, dann lieber einen, der sich weigert seine Steuererklärungen offen zu legen? Wobei selbst die mir so was von egal wäre, wenn die beiden Präsidentschaftskandidaten lediglich ihre politischen Gedanken und Ziele ihren Wählern offenlegen würden. Und das mit Respekt, kontrolliert, sachlich und eines Präsidenten würdig. Stattdessen gibt es nach dem chaotischen Duell nur einen Verlierer. Das amerikanische Volk, das sich nun mit den beiden „Clowns“ beschäftigen darf.

Obwohl ich während des TV Duells zwischen Trump und Biden meinen Mund nicht mehr schließen konnte und ich öfters schrie: „Hat er nicht gesagt?“, bin ich froh dieses mehr unterhaltsame als bildende Werk zweier Selbstdarsteller angeschaut zu haben. 

Und ich würde es jedem ans Herz legen, der sich um seine Zukunft in der Bundesrepublik Gedanken macht. Denn in einem Jahr haben WIR die Wahl. Ich hoffe wir bewegen uns dann weit weg von Populismus und Schubladendenken.